Liebe TIME2TRI-Leser, der Sommer ist trotz zwischenzeitlichem Temperatur-Tief in vollem Gange und die beiden deutschen Langdistanz-Highlights haben ihre Champions bereits gekürt. Zeit also für meinen nächsten Blog-Beitrag, in dem ich versuche meine Erlebnisse der vergangenen vier Wochen zu schildern. Außerdem haben mich eine Vielzahl an Fragen von Euch erreicht, wovon ich am Ende von diesem und der nächsten Blogposts gerne einige beantworten werde. An dieser Stelle vielen Dank für Eure Einsendungen und Euer großes Interesse! :)
Doch Moment, eine Frage muss ich direkt an den Beginn ziehen - zum einen da sie mich mehrfach erreicht hat, und zum anderen da das Thema eine sehr große Rolle vor den vergangenen Rennen gespielt hat:
„Für welches Equipment hat Marcel sich für seinen „Neustart“ entschieden und warum?“
Selten hat man als Fotograf die Möglichkeit sich sein Equipment nahezu komplett neu auszusuchen. Ich wäre natürlich froh gewesen, wenn dies unter anderen Umständen der Fall gewesen wäre - allerdings habe ich es dennoch als Chance gesehen und mich mit den verschiedenen Optionen befasst. Letztendlich standen für mich zwei Konzepte zur Auswahl: Sony mit komplett spiegellosen Kameras, und Nikon mit den „klassischen“ Spiegelreflexkameras, wie ich sie ja von Canon her kenne. Die Sony-Modelle haben mich wirklich sehr überzeugt und das geringe Gewicht ist ein sehr großes Plus - jedoch konnte ich mich mit dem elektronischen Sucher nicht wirklich anfreunden. Einer der Hauptaspekte, weshalb ich mich am Ende für die Nikon D5 und D850 entschieden habe. Im direkten Vergleich zwischen Canon und Nikon hatte für mich bereits zuvor der größere Dynamikumfang, der von Sony produzierten Nikon-Sensoren, sowie ein (hoffentlich) besserer Kundenservice den Ausschlag gegeben. Stand jetzt bin ich mit der Wahl wirklich sehr zufrieden!
IRONMAN 70.3 EM Helsingør
Der 70.3-EM Nachfolger von Wiesbaden stand bereits einige Jahre auf meiner Bucket-List. Dieses Jahr klappte es endlich mit dem „Debüt“. Die dänische Stadt Helsingør und ihr Schloss Kronborg, nur wenige Kilometer vom schwedischen Festland entfernt, entpuppte sich als einzigartige Kulisse für einen Triathlon. Während in Deutschland heiße Temperaturen herrschten, waren die Bedingungen im äußersten Nord-Osten Dänemarks mit 20-23Grad nahezu ideal. Das Schwimmen findet komplett innerhalb der Hafenmauern statt und bietet mit der Stadt bzw. dem Schloss im Hintergrund tolle Motive. Wirklich selten, dass ich beim Schwimmen so oft das Weitwinkel-Objektiv einsetzen kann. Leider waren sehr starke Schwimmer/innen wie Javier Gomez, Flo Angert und Holly Lawrence am Start, sodass die erste Disziplin ziemlich schnell vorbei war :D
Aber auch das Laufen spielte sich in direkter Nähe zu Wasser und Schloss ab. Oft ist es schwierig an Laufstrecken eine schöne Kulisse abzubilden, weshalb ich dann verstärkt zu Teleobjektiven greife. Doch hier war genau das Gegenteil der Fall: Durchlaufen eines Schlosstores, Umkreisung eines Leuchtturms - viele Möglichkeiten die Athleten in die Umgebung einzubetten. An der Spitze des Herrenrennens lieferten sich Javier Gomez und Rudolphe von Berg einen harten Fight um den Sieg. Am Ende hatte der Amerikaner von Berg mit wenigen Sekunden Vorsprung die Nase vorn, ebenso wie Holly Lawrence im Rennen der Damen.
IRONMAN Frankfurt
Jan Frodeno, Sebastian Kienle, Patrick Lange - das Starterfeld, welches sich am Langener Waldsee auf die Jagd nach dem EM-Titel machte, war zweifelsohne eines der Besten außerhalb Hawaiis. Bei solchen Anlässen merke ich immer, dass Triathlonfotografie zwar mittlerweile ein stückweit Routine ist, man jedoch am Tag vor dem Rennen einen Mix aus Anspannung, Nervosität, aber auch Vorfreude nicht leugnen kann. Das wird vermutlich bei euch Athleten auch der Fall
sein. :)
Nachdem der Startschuss erfolgt war und ich einen ordentlichen Schwall Wasser beim Start erwischte, ging es zum Treffpunkt der Motorradfahrer. Mein Plan war die führenden Herren um Jan Frodeno auf den ersten Rad-Metern bereits einmal mit Weitwinkelobjektiv und Blitz abzulichten, da dort meist erst wenige Motorräder um ihn herum schwirren. Dies gelang wie im Vorjahr sehr gut und wir setzten uns anschließend etwas ab, um an der Alten Brücke, einem der Pflichtmotive in Frankfurt, zu stoppen. Als ich das nächste Mal die Spitze der Herren erreichte, war dies kurz vor Jans Ausritt durch den Grünstreifen, welchen ich live miterleben konnte. Die Geschwindigkeit in der Abfahrt zuvor war relativ hoch, sodass ich ziemlich froh bin, dass ihm bis auf die verlorene Flasche nichts weiter passiert ist. Auf den ersten 50 Kilometern konnte ich nahezu alle Favoriten einmal vom Motorrad aus ablichten, was aufgrund des Gegenlichts im ersten Teil der Strecke für Blitzbilder auch optimal ist. Den Rückweg nach Frankfurt verwende ich verstärkt für Aufnahmen vom Streckenrand, z.B. Mitzieher. Das Laufen wurde dann zur Hitzeschlacht. Die Temperaturen kletterten immer weiter - im Zielbereich waren es 41Grad. Ganz angenehm, wenn man dann eine schöne Allee entdeckt und einige Zeit im Schatten fotografieren kann. Nach 7:56:02 Stunden überquerte Jan Frodeno als Erster die Ziellinie. Nur wenige Minuten später folgte Sebastian Kienle, der trotz Scherbe im Fuß einen unglaublichen Fight geliefert hat. Das war ganz großer Sport! Auch die Geste von Jan sich beim Wechsel nach Sebastian zu erkundigen, zeigt den besonderen Geist dieser Sportart.
Challenge Roth
Ein Highlight jagt das Nächste. Im Triathlon-Mekka Roth waren die Temperaturen zum Glück deutlich geringer, allerdings hätte wohl jeder gut auf den Regen am Rennmorgen verzichten können. Dennoch war die Atmosphäre erneut einzigartig als die Athleten in Reichweite zur mit Zuschauern gesäumten Brücke in den Kanal stiegen. Dann begann auch schon die Lucy Charles- Show, weshalb mein Motorradfahrer zu Beginn der Radstrecke viele Profi-Männer überholen musste, bis wir zur Frauenspitze aufgeschlossen hatten. Mit den Stimmungsnestern entlang der Strecke war die Fahrt sehr kurzweilig und so waren wir bald schon wieder in Hilpoltstein am legendären Solarer Berg angelangt. Für mich DAS Highlight aller Triathlon-Radstrecken, was Begeisterung und Zuschauerzahlen angeht. Allerdings ist es gar nicht so leicht durch die zahlreichen aufblasbaren Werbeschläuche die Radfahrer im Fokusfeld zu treffen. Eine Herausforderung, die ich aber sehr gerne annehme. :) Da Teleobjektive den eigenen Blick deutlich verändern, sollte man immer zeitig genug die Kamera absetzen, um keine Behinderung eines Athleten zu riskieren.
Nach dem Wechsel zum Laufen ging es für mich mit dem Rad Richtung Lände und Kanal. Für Athleten ist die Einsamkeit entlang des Kanal-Ufers vermutlich nicht sehr angenehm, doch zum Fotografieren finde ich das Motiv des „einzelnen Athleten“ ziemlich interessant. Aufgrund Hin- und Rückweg kann man hier auch gleich unterschiedliche Perspektiven wählen und sowohl Tele als auch Weitwinkel einsetzen.
Das Zielstadion in Roth ist ein weiterer Punkt, der dieses Rennen so besonders macht. Mein Plan für den Zieleinlauf des Siegers war etwas höher auf der Tribüne zu stehen, um so noch deutlich mehr von der Umgebung und der Atmosphäre im Siegerfoto festzuhalten. Dass mit Andi Dreitz zum ersten Mal ein Franke das Rennen gewinnen konnte, war eine tolle Zugabe!
Meine Antworten auf eure Fragen
Soviel zu den Rennen der letzten Wochen - nun gehe ich gerne noch auf ein paar Eurer Fragen ein:
„Mich würde das Zusammenspiel von Blende und Belichtung bei Sportfotos interessieren.“
„Mich würden Tipps zum Thema Kameraeinstellung sowie M vs AV interessieren.“
„Wie geht man mit wechselnden Lichtverhältnissen um, v.a. dann wenn es schnell gehen muss?“
Grob gesagt versucht man bei der Sportfotografie die Belichtungszeit klein zu halten (z.B. 1/1000Sekunde), um die Bewegung der Athleten einzufrieren. Damit aufgrund der kurzen Belichtungszeit genügend Licht auf den Kamera-Sensor fallen kann, muss die Blende relativ weit geöffnet sein. Für Sportaufnahmen ist daher immer gut, wenn man lichtstarke Objektive (z.B. Blende 2.8) besitzt. Bei geöffneter Blende wird zudem die Tiefenschärfe verringert, also der Hintergrund unschärfer.
Die genaueste und sicherste Kamera-Einstellung ist definitiv der manuelle Modus (M) - hier stellt man Belichtungszeit, Blende sowie ISO selbst ein. Allerdings ist man hierbei nicht auf sich plötzlich ändernde Lichtverhältnisse vorbereitet, was gerade bei Sport-Events relativ wichtig ist. Daher empfiehlt es sich durchaus auch die Blenden- bzw. Zeitautomatik einzusetzen, bei der die Kamera bestimmte Parameter automatisch einstellt und das Bild möglichst exakt belichtet.
„Wie schwierig ist es, vom Motorrad aus zu shooten?“
Anfangs war es schon sehr ungewohnt, mit der Zeit stellt sich eine gewisse Routine ein.
Man kennt die Perspektiven, die man vom Motorrad aus einnimmt und kann die Objektive und Kameraeinstellungen bereits vorher auswählen. Die Zeit pro Athlet ist zwar limitiert um keinen Windschatten zu spenden, aber fünf bis zehn Sekunden reichen eigentlich schon aus. Für Weitwinkelbilder benutze ich fast immer einen externen Blitz, um Athlet und Rad besser auszuleuchten. Dies ist zwar immer etwas Akrobatik, aber je öfter man es gemacht hat, desto besser sitzen die Handgriffe. Ein großes Plus ist natürlich auch, wenn man mit dem Motorradfahrer schon mehrmals zusammen gefahren ist.
„Wie viele Kilometer legt man als Fotograf bei so einem Rennen selbst zurück?“
An einem Mittel- oder Langdistanz-Renntag sind es an die 10 Kilometer, die ich zu Fuß zurücklege. In der Kombination mit etlichen Kniebeugen und einigen Kilogramm Ausrüstung aber durchaus ein ganz gutes Workout, wie ich oft Abends merke :D