Egal, wohin es zum Training oder Wettkampf geht: Der Schutzengel, den sie mit sieben Jahren von ihrer Mutter erhielt, ist immer mit dabei. Die 21-jährige Para-Triathletin kam blind auf die Welt - medizinisch nennt man das Krankheitsbild Zapfendystrophie. Sie kann hell und dunkel unterscheiden - mehr nicht. In meiner heutigen Vorstellungsreihe geht es um: Lena Dieter - viel Spaß beim Lesen!
"Meine Schwester ist ebenfalls blind, alle anderen Familienmitglieder nicht", betont Lena. Eine plausible Erklärung für diese Erkrankung gibt es nicht, denkbar ist ein genetischer Defekt. Doch das ist kein Hindernis für eine erfolgreiche Sportkarriere. Die gebürtige Hessin ist im Para Triathlon, in der Startklasse PTVI B1 unterwegs. Das heißt: Sie schwimmt, radelt und läuft mit einem Guide.
"Meine Schwester ist ebenfalls blind, alle anderen Familienmitglieder nicht."
Die Erfolgsliste von Lena Dieter lässt sich sehen: Sie siegte 2018 beim ITU Para Triathlon World Cup in Besancon (FRA) und war dort im Jahr zuvor bereits Zweite. Bei der Europameisterschaft in Kitzbühel 2017 stand sie als Dritte auf dem Siegerpodest.
Die Deutschen Meisterschaften über die Sprintdistanz holte und verteidigte sie von 2013 bis 2018. Allerdings gab es in ihrer Karriere auch Rückschläge: "Die Weltmeisterschaft 2018 fiel für mich aufgrund eines Bänderrisses leider aus.", erzählt sie.
Doch Erfolge und Erkenntnisse wachsen auch aus Rückschlägen: für vier bis sechs Wochen war Laufen mit dem Bänderriss unmöglich. Lena befürchtete, ihre Kondition zu verlieren, konnte sie doch nur schwimmen und radfahren. Doch als sie dann wieder ins komplette Training einstieg, lief es besser als erwartet.
"Die Weltmeisterschaft 2018 fiel für mich aufgrund eines Bänderrisses leider aus."
"Ein bisschen Entspannung zwischendurch tut manchmal ganz gut", stellt sie rückblickend fest. Begonnen hatte Alles beim Schwimmen, wo sie 2010 bis 2013 dem Hessischen Landeskader angehörte. Dann wurde der Trainingsstützpunkt verlegt - 100 Kilometer wären es für die ehrgeizige Sportlerin bis dorthin gewesen. Lenas Mutter, welche mit ihr bereits 2012 an einem Super-Sprint-Triathlon teilnahm, motivierte sie zum damaligen Sportartenwechsel.
Kein Wunder also, dass Lena sagt: "Besonders geprägt und inspiriert haben mich vor allem meine Familie und besten Freundinnen." Der Para Triathlon ist für sie ein wichtiger Bestandteil in ihrem Leben. "Ich treffe viele Entscheidungen während des Trainings", sagt sie. Zum Beispiel solche, die mit Ihrer Ausbildung zusammenhängen: Sie studiert Französisch, Englisch und Spanisch auf Lehramt gymnasiale Oberstufe. Beim Training kommen ihr gute Ideen für Hausarbeiten oder sie wiederholt und vertieft in Gedanken das bereits Erlernte. Wie so oft bei Leistungssportlern nimmt das Training viel mehr Raum im Lebensalltag ein als die Wettkämpfe.
"Ich liebe die Atmosphäre meiner Trainingsgruppe und das Verhältnis zu unserem wirklich guten Coach", beschreibt Lena Dieter die Grundlagen ihrer Motivation. Sie weiß, dass ihr das Training gut tut, empfindet Belastung und Erschöpfung als angenehm. Außerdem verarbeitet sie beim Schwimmen, im Fahrradsattel sowie auf der Laufstrecke vieles, was das Leben an Aufgaben bereithält.
"Wie so oft bei Leistungssportlern nimmt das Training viel mehr Raum im Lebensalltag ein als die Wettkämpfe."
Einzelne Wettkämpfe bleiben ihr besonders in Erinnerung: Beim weltweit größten Triathlon, dem Hamburger Wasser World Triathlon, verläuft ein Teil der Schwimmstrecke in der Alster unter einer Brücke. Beim Viernheimer Triathlon über die Olympische Distanz führt ein Teil der Radstrecke durch einen abgesperrten Autobahntunnel. "Das sind immer wieder Highlights, die es in sich haben!", schildert Lena.