Meine Last Minute Experten-Tipps für den IRONMAN Frankfurt

Gewonnen wird zwischen den Ohren: Timo Bracht verrät euch seine exklusiven last minute Tipps für mentale Stärke beim IRONMAN Frankfurt.

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© Michael Rauschendorfer

Ich weiß genau, wie ihr euch gerade fühlt und was ihr denkt:  "Was ist im Moment hier los...was habe ich falsch gemacht, dass das Wetter so unbarmherzig ist...warum gerade an diesem Wochenende...ich weiss nicht wie ich das ganze am Sonntag bei Temperaturen jenseits von 35 Grad durchstehen soll...

Fragen über Fragen, Beschwerden, Zweifel und Co., doch wo ist das Licht am Ende des Tunnels?

Wie bekomme ich meine Gedanken wieder kontrolliert, wie kann ich mich wieder auf das Wesentliche konzentrieren und wie schaffe ich es, meine individuell beste Leistung am Wettkampftag abzurufen?

Bei extremen Bedingungen mental die Kontrolle behalten

Diese Fragen habe ich mir Anfang Juli 2009, vor einem meiner wichtigsten Triathlon Rennen meiner Karriere, auch immer und immer wieder gestellt. Es stand mein vierter IRONMAN Frankfurt an, ich konnte zwar schon zwei Jahre zuvor zum ersten mal gewinnen, rannte ein Jahr zuvor den Marathon in 2:42h, und trotzdem blieben diese verdammten Zweifel bestehen.

Das könnt ihr dagegen tun:  Macht euch die richtigen Gedanken und setzt bei eurer inneren Haltung doch mal auf einen Perspektivenwechsel.

Lenkt z. B. einmal eure Gedanken weg von extremen Zahlen und Fakten über das Wetter hin zu normalen Aussagen wie z.B.

  • Es werden keine 38 Grad am Sonntag, es wird einfach nur warm draussen sein.
  • Es wird keine Hitzeschlacht, sondern es wird eine große Herausforderung wegen den Bedingungen.
  • Ich werde nicht an den Rande des Kollapses durch die Hitze kommen, sondern es wird anstrengend aber machbar werden.

Diese drei Beispiele zeigen euch, wie es es durch einen Perspektivenwechsel zu einer Veränderung der inneren Haltung kommen kann. Dinge und Situationen werden umgedeutet, verlieren dadurch oft ihren negativen Einfluss und ihr beginnt positiver zu denken.

Macht euch diese Fähigkeit in den nächsten Tagen zu nutze. Deutet Situationen und eure Verhaltensweisen um. Das kostet zu Beginn etwas Kraft und vor allem Mut, aber es wird sich lohnen. Übt das im Vorfeld des Rennens immer wieder bei euren inneren Selbstgesprächen ein.

Timo Bracht Timo Bracht auf der Radstrecke

Mit Reframing zum Erfolg

In der Psychologie wird dieser Perspektivenwechsel auch als Reframing bezeichnet. Ihr gebt der Situation einen neuen, anderen, besser passenden Rahmen. Das "Bild" IRONMAN Frankfurt am Sonntag habt ihr selbst gewählt, und euch dafür entschieden - seit Monaten habt ihr dafür trainiert. Jetzt liegt es an euch, den passenden "Rahmen" zu finden, der das Bild zur Geltung bringt.

Kurz vor meinem Rennen 2009, als der Druck„"Gewinne mit Streckenrekord" von mir und von außen immer stärker wurde, habe ich mir in einer ruhigen Stunde nochmal genau überlegt, ob es das wert ist, mental zu "wackeln" und dadurch das vergangene Training, den ganzen Aufwand, die vielen Stunden draussen leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

Ich habe meine Argumente zum Rennen, Wettkampf, Konkurrenz und Form nochmal hinterfragt und dann umgedeutet.

Dadurch konnte ich mich auch auf die schwierigen Situationen im Wettkampf mental vorbereiten, und fand Antworten.

Nicht selten halten wir uns nämlich mit Ausflüchten auf, diese lenken uns ab innere Ruhe und Stärke zu entwickeln.

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Meine Beispiele damals - und die richtigen Antworten

Problem: Gegen die Hawaii Sieger und Zweitplatzierten aus dem Vorjahr Mc Cormack und Llanos konnte ich noch nie gewinnen.
Lösung: Was für eine Chance, auf heimischen Boden in Bestform gegen die "Jungs"“anzutreten!

Problem: Mit den vielen Kurzdistanz-Umsteigern (Bozzone, Raelert, ...) wird das Schwimmen so schnell wie nie werden, und wenn ich nicht richtig mitkomme, kann das Rennen schon früh verloren sein.
Lösung: Mal sehen was passiert, wenn ich es ausprobiere, mitzuschwimmen.

Problem: Bei der Hitze werde ich beim Radfahren schon so viel Flüssigkeit verlieren, dass an einen schnellen Lauf überhaupt nicht zu denken ist.
Lösung: Ich trinke und kühle mich von Beginn an auf dem Rad regelmäßig und viel, dann werde ich mit richtig guten Laufbeinen den Marathon angehen.

Problem: Mein Puls ist bei der Hitze in den letzten Tagen schon bei lockeren Läufen viel höher als sonst, unmöglich dass ich so meine Vorgaben am Renntag umsetzten kann.
Lösung: Das haben bei der Hitze  alle, und es ist eine normale Reaktion des Körpers, mein Körper funktioniert also und freut sich schon auf den Wettkampf, um zu zeigen, was in ihm steckt.

Dies ist eine Auswahl von Beispielen, die mir sofort eingefallen sind. Macht euch eure eigenen Gedanken, und schreibt doch mal auf, wie einfache Lösungen für euch aussehen.

Das Rennen 2009 war dann eine meiner besten Triathlon-Leistungen. Ich konnte mit Streckenrekord und einem 2:43er Marathon in der Hitze erst in der letzten Stunde gegen Chris McCormack das Blatt noch wenden und zum zweiten Mal nach 2007 als Erster auf den Römer laufen. Genauso wichtig war aber die Erkenntnis, dass wir selbst unsere innere Haltung positiv verändern können, auch in extremen Stress-Situationen.

Ich wünsche euch viel Kraft, Mut, Zuversicht und Ruhe in den nächsten Tagen beim "Reframing" eurer Gedanken!

Wir sehen uns auf der Strecke, ich bin vor Ort.
Euer Timo

PS: Fragen, Kommentare und Anregungen könnt ihr gerne an mich persönlich adressieren timo.bracht@triamedica-sport.de


Ehem. Weltklasse-Triathlet und Coach
Timo Bracht, 9x Ironman winner, Roth Sieger, fünf Starts Ironman Frankfurt, 2x1., 2x2.,1x3., Triathlon Coach (www.timobracht.de), leitet ein Leistungsdiagnostik und Sportmedizin Institut (www.triamedica-sport.de), Triathlon Team Sport For Good Botschafter, studiert Sport- und Bildungswissenschaften.

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