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Der lange Lauf

Lesezeit: 5 Minuten

Sie verfolgen mich inzwischen bis in den Schlaf hinein, diese kleinen, fast niedlich aussehenden Kugeln mit ihren in alle Richtungen abstehenden Hörnchen … das Corona-Virus nimmt zur Zeit all unsere Aufmerksamkeit in Anspruch.

Unser Leben wurde in rasanter Geschwindigkeit auf den Kopf gestellt, ohne Aussicht auf ein baldiges Ende: mein ProTraining Tours Trainingslager auf Mallorca wurde abgesagt, ebenso alle Frühlingsläufe meiner Athleten, Kieser Training hat geschlossen … und die komplette Ausgangssperre ist immer noch nicht vom Tisch. Paradoxerweise lacht die Sonne dazu vom Himmel, es ist mild und blüht überall wunderschön und bunt. Wir haben es also mit einer großen mentalen Herausforderung zu tun, aus der wir aber lernen und gestärkt hervorgehen können: der lange Lauf hat begonnen.

Mit meinen Zeilen möchte ich euch eine kleine mentale Orientierungshilfe an die Hand geben, wie ihr diese schwierige Zeit motiviert überstehen könnt.

Unsichtbar und beeinflusst trotzdem massiv unser Leben: das Corona-Virus

Gefühle wie Frust und Enttäuschung sind okay!

Viele Athletinnen und Athleten sind enttäuscht und frustriert, fallen in ein mentales Loch, nicht nur, weil das Schwimmtraining wegfällt, sondern auch die gewohnte Struktur, das Ziel, die Gemeinschaft. Der Stress im Kopf entsteht vor allem durch die ungewisse Aussicht: wie lange dauert das noch? Was wird noch mehr kommen an Einschränkungen? Wie wird mein Arbeitgeber zurechtkommen? Bleiben alle meine Lieben gesund? Viele im Moment unlösbare Fragen.

Bei aller Vernunft und allem Verständnis sind Gefühle wie Frust und Enttäuschung auch in Ordnung. Gebt ihnen einen Raum, ein paar Tage lang. Schreibt es euch vielleicht von der Seele, notiert euch alles auf einem Blatt Papier, zerknüllt es und werft es dann in den Papiereimer. Oder sprecht mit Menschen, denen ihr vertraut und die euch und eure Not verstehen. Dann abhaken. Dann den Blick nach vorne richten.

Was kommt als nächstes?

Wir haben plötzlich Zeit, ganz viel Zeit. Was sich zunächst wie Freiheit anfühlt, kann auch zur Last werden. Da hilft am besten eine neue Struktur: plant euren Alltag neu, nehmt euch feste Zeiten vor, seid kreativ im Gestalten heimischer Trainingseinheiten oder beschäftigt euch vielleicht sogar mit neuen Zielen und Projekten.

Wie soll ich jetzt trainieren?

Die ersten Wettkampfziele sind für die meisten ausgefallen. Es ist ungewiss, wann und - ich wag es kaum auszusprechen - ob überhaupt die europäische Wettkampfsaison im Jahr 2020 beginnen wird. Gönnt euch ein paar Tage Pause und trainiert dann auf mittlerem Niveau weiter. Erhaltet euch soweit wie möglich eure Kraft und eure Ausdauer. Eine wettkampfspezifische Fitness ist zur Zeit nicht notwendig. Auch das gezielte Arbeiten an technischen Schwächen oder sogar ein mentales Training wäre gut denkbar!

Zum Nachlesen, hier ein Interview mit Jan Frodeno zum Thema.

An dieser Stelle ist leider erst mal Schluss mit dem gewohnten Training…

Innehalten und Wahrnehmen

Eine schöne Übung ist es auch, sich in solchen Zeiten mit seinen Beweggründen zu beschäftigen: warum mache ich das alles eigentlich? Was treibt mich an? Was möchte ich noch erreichen? Was möchte ich ändern? Wer sich damit intensiv auseinandersetzt, geht aus einer solchen Zwangspause klarer, bewusster und mental gestärkt hervor.

Die Sprache als Stimmungsmacher

Egal, wo wir gerade hinschauen, überall springen uns negative Wörter an: Angst, Krise, Panik, Krankheit, Überlastung, etc. Was macht das in unserem Kopf? Jedesmal werden viele verschiedene Zentren in unserem Gehirn aktiviert, es werden die mit dem jeweiligen Begriff assoziierten Bilder, Erfahrungen, Wissen und natürlich auch Emotionen aufgerufen. Selbst bei einem gut gemeinten: „keine Panik!“ konzentriert sich unser Gehirn zunächst auf den Hauptbegriff im Satz, die Panik, um erst danach in einem zweiten Arbeitsschritt die Verneinung durchführen. Das kostet Energie. Achtet deshalb ganz bewusst auch auf eure eigene Sprache: bemüht euch um eine klare, konstruktive und positive Sprache im persönlichen Austausch und Kommentaren.

Achtet ganz bewusst auf eure eigene Sprache: bemüht euch um eine klare und positive Sprache im persönlichen Austausch.

Pause von den sozialen Medien

Ich erwische mich dabei, dass ich pausenlos mein Handy auf neue Nachrichten hin überprüfe und vor nächtlichen Fernsehsendungen hängenbleibe. Es fällt mir schwer, mich auf andere Dinge zu konzentrieren. Geht euch das genauso? Abends im Bett noch schnell die neuesten Nachrichten checken? Und morgens gleich nach dem Aufwachen wieder? Das überfordert und raubt Energie.

Versucht euch statt dessen bestimmte Zeiten einzurichten: z.B. 3x am Tag eine halbe Stunde. Und dann gönnt euch zwischendurch auch mal eine Pause, eine echte Pause für den Kopf: solange es noch geht, raus in die Natur, Waldbaden, durchatmen, nichts tun müssen, entspannen, Kraft und Mut tanken.

Ohne tut auch mal gut!

Mentales Training als Alternative

Der lange Lauf, der jetzt für die meisten Wettkampf-Athleten beginnt, bietet aber auch eine Chance. Jetzt ist eine gute Zeit, um ganz gezielt mental zu arbeiten, die Widerstandsfähigkeit zu stärken, die ihr für euren nächsten Wettkampf oder eine lange und fordernde Trainingsphase benötigt.

Dazu gehören Fähigkeiten wie das Fokussiert bleiben oder selbstwirksam Stress und negative Emotionen zu regulieren, mehr dazu hier.

Ich stehe gerne für Fragen zur Verfügung oder auch einfach nur, um sich mal den Frust von der Seele zu sprechen, um neue Perspektiven zu finden oder für ein individuelles mentales Training – kurze Nachricht an evahelms@sportmentalcoaching-rueckenwind.de genügt!

Bleibt alle gesund und vernünftig, dann können wir hoffentlich bald wieder gemeinsam den Sommer draußen genießen!


Sportmentalcoach & Triathletin
Eva vereint die Leidenschaft für den Triathlonsport mit ihrer Faszination für die mentalen Anforderungen des Ausdauersports. Als Sportmentalcoach und Triathletin beschäftigt sie sich intensiv mit der Frage: wie kann es gelingen, mit Freude und Leichtigkeit nicht nur monatelang ein Ziel zu verfolgen und zu trainieren, sondern auch im Wettkampf selbst das gesteckte Ziel zu erreichen? Eva begleitete in den letzten Jahren viele Athleten auf ihrer ganz persönlichen sportlichen Reise und gibt neben vielen Tipps aus ihrer beruflichen Ausbildung auch viele Erfahrungen aus ihrem Leben als leistungsorientierte Altersklassenathletin an ihre Klienten weiter.

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