Es gibt viele verschiedene Herzratenvariabilitäts-Parameter (HRV-Paramter), einige dieser Parameter gelten als Indikatoren für die parasympathische, andere für die sympathische und wieder andere für die gesamte Aktivierung. Was dies genau bedeutet, haben wir im ersten Teil dieser Serie bereits erfahren.
Um nun diese HRV-Parameter zu berechnen, werden RR-Intervalle benötigt - RR-Intervalle sind die Abstände zwischen zwei Herzschlägen und geben Auskunft über die Erregungsausbreitung in den Herzkammern. Dabei können die HRV-Parameter wiederum in zeit- und frequenzbezogene Parameter unterteilt werden. Die zeitbezogenen HRV-Parameter haben wir bereits im zweiten Teil näher betrachtet, werfen wir nun also einen Blick auf die frequenzbezogenen HRV-Parameter.
Das Leistungsdichtespektrum
Wenn sich ein biologisches Signal innerhalb eines Zeitraums wiederholt, verfügt es über eine bestimmte Frequenz. Für die Bestimmung der frequenzbezogenen HRV-Parameter wird die gefilterte Sequenz der RR-Intervalle zunächst interpoliert, sodass in äquidistanten Zeitabschnitten (z.B. alle 250ms) ein Wert existiert. Diese interpolierte Sequenz wird dann mithilfe der Fast Fourier Transformation in das Frequenzspektrum umgerechnet.
Für die resultierende Repräsentation der Sequenz im Frequenzbereich wird dann das Leistungsdichtespektrum berechnet. Dieses gibt an, wie stark welche Frequenzen in der Sequenz der RR-Intervalle vertreten sind. Jede einzelne Spektrallinie stellt das Maß für die Intensität und Häufigkeit des Auftretens von Schwingungen mit der zugeordneten Frequenz im Zeitfenster dar.
Das Leistungsdichtespektrum wird in folgende drei Bereiche unterteilt:
- VLF (Very Low Frequency) von 0 bis 0.04Hz
- LF (Low Frequency) von 0.04 bis 0.15Hz
- HF (High-Frequency unterteilt) von 0.15 bis 0.4Hz
Bei einer beispielhaften 10-minütigen Ruhe-Messung würde das Leistungsdichtespektrum wie in Abbildung 1 aussehen. Aus den dargestellten drei Bereichen (grau, rot und grün) lassen sich die frequenzbezogenen HRV-Parameter berechnen.
Die frequenzbezogenen HRV-Parameter
Schauen wir uns die einzelnen Frequenzbereiche und -parameter näher an:
HF-Leistung
Die HF-Leistung ist die Fläche unter der Kurve im HF-Bereich des Leistungsdichtespektrum und wird in [ms2] angegeben. In Abbildung 1 ist das die grün gefärbte Fläche.
Die HF-Leistung beschreibt die kurzzeitigen (d. h. hochfrequenten) Veränderungen aufeinanderfolgender RR-Intervalle und gilt als fundiertes Maß für die parasympathische Aktivierung und korreliert stark mit dem RMMSD. Entsprechend gilt die HF-Leistung ebenso als Indikator für Erholungsfähigkeit, Fitness und Gesundheit.
LF-Leistung
Die LF-Leistung in [ms2] ist die Fläche unter der Kurve im LF-Bereich des Leistungsdichtespektrum (roter Bereich in Abbildung 1).
Die LF-Leistung beschreibt die längerfristigen, tieffrequenten Veränderungen aufeinanderfolgender RR-Intervalle. In die LF-Leistung spielt sowohl die sympathische als auch parasympathische Aktivierung mit ein. Wobei davon ausgegangen wird, dass die sympathische Aktivierung einen größeren Teil beiträgt.
VLF-Leistung
Die VLF-Leistung in [ms2] ist die Fläche unter der Kurve im VLF-Bereich des Leistungsdichtespektrum (grauer Bereich in Abbildung 1).
Die VLF-Leistung beschreibt die sehr langsamen Veränderungen aufeinanderfolgenden RR-Intervalle und wird hauptsächlich von der sympathischen Aktivierung beeinflusst.
Gesamtleistung
Die Gesamtleistung (TP – Total Power) beschreibt die gesamte Leistung in [ms2] über alle oben genannten Bereiche hinweg und gilt als Maß für die Gesamtaktiverung des vegetativen Nervensystems (ANS). Sie entspricht der Energiedichte im Spektrum von 0,00001 bis 0,4Hz.
LF/HF-Verhältnis
Das LF/HF-Verhältnis beschreibt den Quotienten aus LF- und HF-Leistung. Dieses Verhältnis wird häufig als Indikator für die Balance zwischen sympathischer und parasympathischer Aktivierung betrachtet. Diese Sichtweise ist allerdings umstritten, weil unklar ist wie stark die sympathische Aktivierung zur LF-Leistung beiträgt.
Korrelation zwischen den HRV-Parametern
Zwischen einigen der beschriebenen (zeit- und frequenzbezogenen) HRV-Parameter herrschen relativ starke Korrelationen, andere sind nahezu unabhängig voneinander. In Abbildung 2 sind in jedem Teilplot ca. 500 HRV-Ruhemessungen über jeweils zwei verschiedenen HRV-Parametern eingetragen. In der Diagonalen ist die Verteilung der Werte über den jeweiligen Parameter geplottet.
Gut zu erkennen ist z.B. die starke Korrelation zwischen RMSSD und HF-Leistung. Ausserdem korreliert der RMSSD mit dem SDNN - ein Beleg dafür, dass die parasympathische Aktivierung nicht nur in den RMSSD sondern auch in den SDNN einfließt.
Kann man sich auf einzelne HRV Parameter verlassen?
Mit der Betrachtung einzelner Parameter wie dem RMSSD, dem SDNN oder Total Power lässt sich zwar einschätzen ob das vegetative Nervensystem ausgeglichen arbeitet, jedoch erlauben einzelne Parameter keine vollständige Beurteilung der Regulationsfähigkeit des vegetativen Nervensystems (ANS).
Nur durch die Betrachtung mehrerer geeigneter Parameter lassen sich genaue Einschätzungen zur aktuellen Fitness treffen.