So viel vorweg: Da die Herzratenvariabilität (HRV)-Parameter individuell extrem unterschiedlich sind, kann man die Frage, ob die eigenen Parameter "normal" sind oder nicht, eigentlich gar nicht beantworten.
Warum das so ist und in welchen Bereichen die verschiedenen Parameter liegen, damit wollen wir uns in diesem Artikel näher beschäftigen.
Die HRV-Parameter können auch innerhalb einer Altersgruppe- und Leistungsklasse extrem variieren.
Individuell und verschieden
Was den meisten Sportlern hinsichtlich der Herzfrequenz vermutlich bekannt ist, tritt im Fall der HRV-Parameter um ein vielfaches verstärkter auf: Die Werte können auch innerhalb einer Altersgruppe- und Leistungsklasse extrem variieren!
Ein Beleg hierfür zeigen die beiden Diagramme aus dem HRV-Tool Spikee.
In den Diagrammen ist jeweils auf der horizontalen Achse ein normierter LF-Wert (Leistung im Low-Frequency-Bereich / 100) und auf der vertikalen Achse der entsprechend normierte HF-Wert (Leistung im High-Frequency-Bereich / 100) aufgetragen. Der HF-Wert gilt als wissenschaftlich belegter Indikator für die parasympathische Aktivität. Je höher der HF-Wert, umso höher die Erholungsfähigkeit. Im LF-Bereich schlägt sich die sympathische Aktivierung stärker nieder. Je höher der in Ruhe bestimmte LF-Wert umso höher die Leistungsfähigkeit.
In einem guten Trainingszustand sollten die Werte sowohl im HF- als auch im LF-Bereich hoch sein. Diese Messpunkte sind rechts oben im Plot (grün) dargestellt und stehen also für sehr gute Werte. Hingegen deuten Messpunkte links unten (rot) auf eine starke Belastung, Krankheit oder einen schlechten Fitnesszustand hin.
In einem guten Trainingszustand sollten die Werte sowohl im HF- als auch im LF-Bereich hoch sein.
Worin unterscheiden sich nun die Diagramme?
Jedes Diagramm zeigt die morgendlichen HRV-Messungen von zwei unterschiedlichen Ausdauersportlern. Beide sind etwa gleich alt und trainieren seit vielen Jahren täglich auf ungefähr gleich hohem Niveau. Trotzdem sind die HRV-Parameter der beiden Athleten sehr unterschiedlich: Die LF-Werte des zweiten Sportlers sind ca. 4-mal, die HF-Werte gar 10-mal so hoch wie die vom ersten Sportler.
Was bedeutet das?
Anhand dieses Beispiels können wir sehen, dass selbst bei Personen gleichen Alters mit ähnlicher Trainingshistorie und ähnlichem Trainingszustand die HRV-Parameter um einen Faktor von 10 (!!!) variieren können.
Aus diesem Grund macht es keinen Sinn die gemessene HRV anhand von Modellen zu klassifizieren, die statistisch aus den Daten vieler Personen ermittelt wurden. Nur im Kontext von individuellen Modellen können HRV-Messungen sinnvoll klassifiziert und somit auch interpretiert werden.
Zusammengefasst
- Die gemessenen HRV-Parameter können immer nur relativ in Bezug zu anderen Messungen der selben Person interpretiert werden. Ein Vergleich der Werte zwischen verschiedenen Personen macht keinen Sinn.
- Modelle, die auf HRV-Durchschnittswerten eines größeren Personenkreises basieren, wie z.B. die Modelle für Trainingsbereiche (OwnZone) und Leistungsindizes (OwnIndex), sind folglich nur beschränkt aussagekräftig.
Verteilung der HRV-Durchschnittswerte
Um nun die eigenen Messerwerte zumindest in Bezug zu den Werten von anderen Athleten setzen zu können, zeigen die folgenden Diagramme die Verteilung der HRV-Parameter aller Spikee-Nutzer, von denen mehr als 30 Morgenmessungen vorliegen. Die Nutzer sind vornehmlich Ausdauersportler - vom Gelegenheitsjogger bis hin zum Profi-(Tri)Athleten.
Die Diagramme beziehen sich dabei auf die bereits genannten HRV-Parameter HF und LF sowie auf den RMSSD (Indikator für die Erholungsfähigkeit, Fitness und Gesundheit. Zeigt an, wie schnell der Körper auf Belastung reagieren kann), den SSDN (gibt die gesamte Aktivierung des Autonomen Nervensystems wieder) und den durchschnittlichen Puls bzw. die durchschnittliche Herzfrequenz.
Diagramme mit Durchschnittswerten
Auf der linken Seite (rotes Diagramm) ist Verteilung des durchschnittlichen Erholungsscores HF / 100 und auf der rechten Seite (blaues Diagramm) die Verteilung des durchschnittlichen Leistungsscore LF / 100 pro Nutzer dargestellt.
Im grünen Diagramm wird die Verteilung des durchschnittlichen RMSSD und im gelben Diagramm die Verteilung des durchschnittlichen SDNN pro Nutzer dargestellt.
Und im letzten Diagramm (lila) ist die Verteilung des durchschnittlichen Puls / Herzfrequenz pro Nutzer (im Rahmen von Morgenmessungen) visualisiert.