Dennis Sandig arbeitet bei der Deutschen Triathlon Union als Wissenschaftskoordinator und Referent für Bildung. In seiner Rolle ist er zuständig für das umfassende Aus- und Fortbildungsprogramm für Trainer*innen im Triathlon. Zu den Zielen der Deutschen Triathlon Union gehört es die Wahrnehmung und die Wertschätzung für Trainer*innen zu Wir haben uns mit Dennis über die Triathlon-Trainerausbildung in Deutschland im Allgemeinen sowie das Ausbildungsprogramm der DTU unterhalten.
"Unser Ziel ist es, Spitzentrainer auszubilden."
Wer kann in Deutschland als Triathlon-Coach arbeiten und welche Ausbildung ist hierfür notwendig?
Der Begriff "Triathlon Trainer" oder "Triathlon Coach" ist nicht geschützt. Rein theoretisch kann sich also jeder einfach so nennen, ohne, dass er einen bestimmten Qualifikationsnachweis erbringen muss. Genau an der Stelle setzen wir als DTU an. Wir wollen die Sichtbarkeit und die Wertschätzung für Trainer*innen im Triathlon steigern und haben dazu verschiedene Maßnahmen gestartet. Neben einem Shirt speziell für Trainer*innen und einem Badge haben wir auch einen Trainer Club initiiert. Die Ausbildungen der DTU sind eine wertvolle Qualifikation und dass soll allen Triathlon-Begeisterten eine Hilfestellung sein, um gut ausgebildeten Trainer*innen finden zu können. Gerade für Einsteiger sind Vereine sehr gute Ansprechpartner, um Trainierenden den Weg in den Triathlon zu weisen.
Wie ist das Ausbildungs-Programm der DTU aufgebaut?
Die Trainerausbildung der DTU wird mit einer DOSB-Trainerlizenz abgeschlossen. Das bedeutet, dass unsere Ausbildungskonzeptionen vom DOSB genehmigt sind und wir als Spitzenverband garantieren, dass die Trainer*innen sich dem lebenslangen Lernen verpflichtet sehen und über regelmäßige Fortbildungen ihr Wissen auffrischen und weiter vertiefen. Bei der DTU startet die Trainerausbildung in den Landesverbänden. Dort wird die Trainer C Ausbildung angeboten, die Prüfung abgenommen und auch die Fortbildung organisiert. Ab der Trainer B Lizenz sind die Ausbildungen dann bei der DTU verortet. Die Trainer A Ausbildung bildet schließlich die höchste Lizenzstufe. Nur im Bereich der Spitzentrainer im Olympischen Triathlon gibt es mit der Diplom-Trainerausbildung in Zusammenarbeit mit der Trainerakademie des DOSB noch eine höhere Qualifikationsstufe. Die Trainerausbildung wird auch von erfahrenen Trainern wertgeschätzt. Björn Geesmann, der Trainer von Patrick Lange, hat 2020 die Ausbildung zum Trainer A Langdistanz abgeschlossen und betont, dass für ihn der Austausch, die Diskussionen und auch die Referenten von großem Wert wahren.
Was unterscheidet die Ausbildung bei der DTU zu anderen Ausbildungen, z.B. bei Online-Akademien?
Trainer*innen arbeiten in der Praxis! Sie stehen am Beckenrand, auf der Laufbahn oder sind mit Ihren Sportlerinnen und Sportlern gemeinsam auf dem Rad unterwegs. Wie man Bewegungslernen und das Vermitteln von triathlon-spezifischen Inhalten alleine auf einer Online-Ausbildung basierend vermitteln kann, erschließt sich mir nicht. Gerade im Triathlon Training ist ein wichtiger Bestandteil des Trainings die Kommunikation - also der Austausch zwischen den Trainierenden und den Trainerinnen und Trainern. Wir kombinieren bei uns in der Ausbildung Präsenzphasen mit den Vorteilen von Online-Inhalten und setzen auch in der Fortbildung zum Teil auf Online-Angebote.
"Wir alle brennen für den Triathlon, Ausbildung ist bei uns kein Geschäftsmodell sondern eine Herzensangelegenheit."
Corona war da ein Katalysator, der die Entwicklung beschleunigt hat. Teilnehmende und Referierende waren sich aber einig, dass die Präsenzphasen einen wichtigen Stellenwert beibehalten. Wir versuchen auch, alle aktuellen Entwicklungen in der Ausbildung zu spiegeln. Als Wissenschaftskoordinator bin ich auch für die wissenschaftlichen Projekte verantwortlich, die wir im Triathlon auflegen. Neue Erkenntnisse werden so direkt in die Lehre übertragen, wenn sie relevant sind.
Warum ein eigener Trainerschein nur für die Langdistanz, gibt es tatsächlich so große Unterschiede bei der Betreuung der Athleten?
Das ist eine sehr spannende Frage. Training basiert erst einmal auf den biologischen "Grundregeln" der menschlichen Physiologie. Da könnte man tatsächlich meinen, dass es zwischen den beiden Ausbildungen nur marginale Unterschiede gibt. Schaut man allerdings in die Tiefe des Triathlons, muss man beiden Bereichen enorme Veränderungen und Entwicklungen bescheinigen. Im Olympischen Triathlon hat die Einführung der Team Relay, Sprintdistanz und zukünftig auch dem Eleminator in der WCTS eine unglaubliche Dynamik in den Sport gebracht. Auf der Langdistanz hingegen zeigen die letzten Jahre eine Spitze, die über das Jahr betrachtet sehr eng zusammengerückt ist. Wenn man sieht, mit welchem Aufwand minimale Verbesserungen im Bereich Aerodynamik, Regeneration oder auch im Hinblick auf Ernährung und Flüssigkeits-/Salzhaushalt gesucht werden, muss man eindeutig feststellen, dass die beiden Ausbildungsgänge eine Notwendigkeit sind, wenn man jeweils Spitzentrainer ausbilden möchte - und genau das ist unser Ziel.
Worauf können sich die Teilnehmer während der Ausbildung freuen / welche Inhalte warten auf sie?
Wir versuchen, immer eine Mischung aus Experten und auch Praktikern für die Ausbildung zu gewinnen. 2021 werden wir wieder eine Trainer B Ausbildung anbieten und 2022 dann eine Trainer A Ausbildung. Bezüglich der Referenten sind wir immer für Überraschungen gut. Da gibt es selbst bei vermeintlich bekannten Themen wie der "Athletik" immer wieder neue Schwerpunkte, die man bearbeiten muss. Wir werden ganz sicher das Thema "Aerodynamik" aber auch das Arbeiten mit Online-Trainingsplattformen und dem "Datenmanagement" aufgreifen, weil das Themen sind, denen man sich als moderner Trainer einfach nicht verschließen kann.
"Online-Trainingsplattformen und Datenmanagement sind Themen, denen man sich als moderner Trainer nicht verschließen kann."
Welches ist die größte Herausforderung bei der Ausbildung neuer Coaches?
Das Internet ist für Trainer zu einem Wissensdschungel geworden. Gerade bei den Themen Training und Ernährung wird andauernd eine neue Sau durchs Dorf getrieben ganz oft leider ohne, dass die Marktschreier mal intensiv die Evidenzlage der Sportwissenschaft bemühen. Gerade beim Thema Langdistanz kann ich Sprüche wie "Qualität vor Quantität" einfach nicht mehr hören. Entweder wird dann "Qualität" ganz einfach mit "Intensität" gleichgesetzt, was falsch ist. Oder man propagiert eine vollkommen neue Trainingsformel mit 80/20, Tabata und sonstigen Auswüchsen der Fitness-Industrie. Ich frage mich, warum berufstätige Triathleten in der wenigen Zeit, die sie zur Verfügung haben, nur noch ballern sollen. Da werden Schlagworte wie Polarisiertes Training, die aus einem ganz anderen Setting kommen, vogelwild auf die Langdistanz übertragen. Wer meint, dass ein gutes Training daraus besteht, seine Sportler einfach müde zu machen, hat sicher nicht verstanden, was ein, an langfristiger Entwicklung orientierter, Trainingsprozess ist. Es geht im Langdistanz-Training nicht darum „fancy“ Trainingsprogramm zu erstellen, die den Sportler „unterhalten“. Wir stellen in der Ausbildung heraus, dass viele verschiedene Methoden im Werkzeugkasten der Trainer*innen liegen kann. Der Weg für den einzelnen Trainierenden ist ein individueller. Die Individualisierung ist auch eines der großen Themen für die nächsten 4 Jahre.