Als ich mit Triathlon angefangen habe, dachte ich immer, die Profis hätten es gut. Die müssten sich keine Sorgen machen, ob sie die Renndistanz schaffen würden. Mit ihrer Rennerfahrung seien die bestimmt auch nicht so nervös vor dem Start wie ich.
Mittlerweile starte ich selber als Profi und erlebe auch andere Profi-Athleten in meinem Trainingsumfeld. Ich kann euch versichern: auch erfahrene Athleten sind vor dem Rennen nervös. Wir sorgen uns zwar weniger, ob wir beim Schwimmen, Rad fahren oder Laufen durchkommen - dafür haben wir aber andere Sorgen. Wie zum Beispiel, ob wir unser Leistungspotenzial an dem Tag abrufen können.
Ob wir die Trainingsreize umsetzen können. Wenn es im Rennen richtig hart wird - können wir noch einen oben drauflegen, oder nehmen wir an Intensität raus?
Ob wir rechtzeitig zum Rennen angereist sind. Lieber knapp anreisen und länger im gewohnten Umfeld bleiben oder möglichst früh anreisen und die letzten Trainings vor Ort absolvieren?
Ob wir uns gut auf die Wetterbedingungen vorbereitet haben. Wird es ein Hitzerennen sein oder kämpfen wir uns bei Regen und Kälte durch? Wie steht die Sonne früh morgens beim Schwimmen? Wie wirkt sich dies auf die Sichtverhältnisse aus? Fragen über Fragen, aber: die Nervosität bleibt. Auch bei Profis.
Ein wenig Nervosität ist gar nicht schlimm und kann sogar förderlich sein!
Die gute Nachricht lautet jedoch, dass ein wenig Nervosität gar nicht schlimm ist, sondern sogar förderlich sein kann. Damit die Nervosität nicht die Oberhand gewinnt und euch gar schadet, habe ich ein paar Tipps und Tricks aus eigener Erfahrung gesammelt, die euch dabei helfen sollen, mit der Aufregung vor eurem ersten Triathlon umzugehen.
Diese Tipps möchte ich vor allen den Rookies an die Hand geben, die bei der Challenge Davos am kommenden Wochenende zum ersten Mal bei einem Triathlon starten - aber auch allen anderen, die mit Nervosität vor und während dem Wettkampf zu kämpfen haben.
Control, what is controllable
In unserer Trainingsgruppe lernen wir, das zu kontrollieren, auf was wir einen Einfluss haben können: "control, what is controllable". Die Trainingsreize werden von meinem Trainer Jo Spindler gesetzt. Sie können je nach Rennplanung, Gesundheitszustand, Arbeit, oder Privatleben angepasst werden. Wenn ich richtig kommuniziere, können wir dies kontrollieren.
Die Rennanreise können wir auch selbst bestimmen - sofern es mit der Arbeit vereinbar ist. Ich persönlich bleibe gerne möglichst lange zu Hause, um mich in meinem gewohnten Umfeld vorzubereiten und finde es eher stressig, mir am Wettkampfort noch ein Schwimmbad, verkehrsarme Radstrecken oder passende Laufrouten rauszusuchen. Auch schlafe ich am liebsten in meinem eigenen Bett und koche vor dem Rennen selber, damit ich weiss, was ich zu mir nehme. Andererseits bringen Interkontinentalrennen meistens eine grössere Zeitverschiebung mit sich. Da kann sich genügend Akklimatisierung vor dem Rennen lohnen.
Was wir nicht kontrollieren können, soll uns nicht stressen.
Was wir nicht kontrollieren können, soll uns aber nicht stressen. Auf das Wetter am Wettkampftag haben wir keinen Einfluss. Zum Glück: denn einige mögen es kühl und kommen mit Nässe relativ gut aus, ich selbst blühe hingegen bei über 30 Grad und 90% Luftfeuchtigkeit erst richtig auf. Allen kann man es sowieso nicht recht machen. Immer wieder erwische ich mich selbst dabei, wie ich in den Tagen vor dem Rennen die Wettervorhersage beobachte und insgeheim auf ein Hitzerennen hoffe. Auch die Wettkampfkleidung den Wetterverhältnissen anzupassen, gehört zur richtigen Vorbereitung.
Wichtig: sich durch das Wetter stressen zu lassen, ist sinnlos. Auch hier gilt: Control what is controllable.
Eine gute Freundin, die seit Jahren als Profi startet, hat mir mal gesagt: "Auch im Rennen passieren immer wieder unvorhersehbare Sachen. Schlussendlich gewinnt der Athlet, der am besten mit solchen unerwarteten Situationen umgehen kann." Und sie hat recht. Wenn der Start aufgrund des Wetters verschoben oder das Schwimmen sogar abgesagt wird, dann müssen wir uns halt kurzfristig anpassen. Wenn der Radcomputer am Renntag seinen Geist aufgibt und unsere Rennstrategie sich auf bestimmte Wattzahlen beschränkt, dann müssen wir kurzfristig umdenken und nach Gefühl fahren. Wenn wir uns auf der Strecke verschwimmen, verfahren oder verlaufen - ob selbst- oder fremdverschuldet - dann dürfen wir in dem Moment keine weitere Energie damit verschwenden, uns darüber aufzuregen. Wenn wir unsere Verpflegung auf dem Rad verlieren, dann heisst das auch nicht sofort, dass wir das Rennen aufgeben müssen. Dann müssen wir uns einfach spontan eine andere Ernährungsstrategie mit den Verpflegungsstellen überlegen.
Obwohl ich schon einige Rennen bestritten habe, kann ich mich an kein perfektes Rennen erinnern. Jedes mal werde ich mit Unvorhersehbarem konfrontiert. Ausgelernt habe ich noch lange nicht - und das macht die ganze Triathlonreise doch auch so spannend!
Ich wünsche euch Rookies einen tollen ersten Triathlon bei der Challenge Davos. Geniesst die Atmosphäre am Renntag, habt Vertrauen in eure Vorbereitung und vor allem viel Spass auf der Strecke! Ich selbst werde als Staffel am Start sein - daher: see you at the finish line!