Welcher Marathon passt zu mir?

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Gibt es eigentlich aus sportpsychologischer Sicht mit Blick auf die Zuschauer einen Hinweis, ob der Fragende für seinen Marathon lieber eine Wald- und Wiesenveranstaltung oder einen großen Stadtmarathon wählen sollte?

Training
Geschrieben von Christian Hoverath 13. März 2019

Neulich wurde ich gefragt, ob es eigentlich auch aus sportpsychologischer Sicht mit Blick auf die Zuschauer einen Hinweis darauf gibt, ob der Fragende für seinen Marathon lieber eine Wald- und Wiesenveranstaltung oder einen großen Stadtmarathon wählen sollte. Dabei ging es vor allem darum, die eigene Bestzeit zu unterbieten. Natürlich gibt es individuelle Vorlieben, aber die Forschung bietet ein paar grundsätzliche Hinweise.

Das Verhalten einer Person verändert sich, wenn sie beobachtet wird oder dieses denkt

Einen möglichen Anhaltspunkt bietet der sogenannte audience effect. Dieser besagt, dass sich das Verhalten einer Person verändert, wenn sie beobachtet wird oder dieses denkt (Triplett, 1898). Eine in verschiedenen Ausprägungen wiederkehrende Erklärung für diesen Effekt liefert die Überlegung, dass Menschen in den Augen anderer positiv wahrgenommen und als gut in dem erkannt werden wollen, was sie tun (Hamilton & Lind, 2016). Ein Argument für die Wahl einer Veranstaltung mit Zuschauern wird von Rhea und Kollegen (2003) geliefert. Sie ließen Teilnehmer in einem entspannten Gruppensetting, im Wettbewerb gegen andere oder vor Zuschauern Bankdrücken. Die Teilnehmer, die beobachtet wurden, konnten signifikant mehr Gewicht drücken als Teilnehmer im Wettbewerb gegen andere und im entspannten Gruppenkontext.

Doch sollte es nun eine Veranstaltung sein, bei der immer mal wieder Menschen am Rand stehen oder sollte die Strecke durchweg gesäumt sein?

Untersuchungen auf einem Laufband wollten ergründen, ob die Häufigkeit des Anfeuerns eine Wirkung hat. In dieser Untersuchung wurden die Läufer dabei entweder alle 3 Minuten, jede Minute, alle 20 Sekunden oder gar nicht angefeuert. Keinen Unterschied machte es, ob Anfeuerungen alle 3 Minuten passierten oder die Umgebung still war. Die Läufer zeigten jedoch eine bessere Leistung, wenn sie minütlich unterstützt wurden und am besten war die Leistung bei Zurufen im Abstand von 20 Sekunden.

Die Läufer zeigten jedoch eine bessere Leistung, wenn sie minütlich unterstützt wurden

Zusätzlich wurden Laktatwerte gemessen und es zeigte sich, dass die Teilnehmer in der Gruppe mit den Anfeuerungen alle 20 Sekunden mit den höchsten Laktatwerten aller Teilnehmer aufwarten konnten. Dies spricht dafür, dass die Zurufe dazu führte, dass die Teilnehmer stärker versuchten an ihr Limit zu kommen als die Teilnehmer der anderen Experimentalgruppen. Es scheint also, als wäre eine Veranstaltung zu empfehlen, bei der möglichst viele Leute an der Strecke stehen, bei der viel los ist. Was würden Blanchfield und seine Gruppe (2014) sagen, nachdem sie Probanden auf Ergometern unter verschiedenen Bedingungen bis zur Ermüdung fahren ließen? Einmal zeigten sie ihren Teilnehmern subliminal fröhliche und traurige Gesichter und untersuchten die Wirkung. Es zeigte sich, dass Probanden, denen fröhlichen Gesichtern zugeordnet wurden, signifikant länger durchhielten. Interessanterweise lag dies darin begründet, dass diese Gesichter die Stimmung der Teilnehmer aufhellten und somit die wahrgenommene Belastung reduzierten.

Probanden, denen fröhlichen Gesichtern zugeordnet wurden, hielten signifikant länger durch

Sind alle anderen Variablen gleich, dann wird der Läufer auf einer Strecke mit vielen enthusiastischen Zuschauern voraussichtlich besser abschneiden als bei der kleinen Veranstaltung über Felder und Wiesen. Unter anderem liegt diesem der audience effect zu Grunde, der sowohl über die Motivation wirkt als auch über die Wahrnehmung des Läufers, dass es gar nicht so hart ist.

Literatur

Andreacci, J.L., LeMura, L.M., Cohen, S.L., Urbansky, E.A., Chelland, S.A. & von Duvillard, S.P. (2002). The effects of frequency of encouragement and performance during maximal exercise testing. Journal of sports science 20(4): 345-352. Blanchfield, A., Hardy, J. & Marcora, S. (2014). Non-concious visual cues related to affect and action alter perception of effort and endurance performance. Frontiers in Human Neuroscience. Hamilton, A. & Lind, F. (2016). Audience effects: What can they tell us about social neuroscience, theory of mind and autism? Culture and brain 4: 159-177. doi: 10.1007/s40167-016-0044-5. Rhea, M. D., Landers, D. M., Alpha, B. A. Und Arendt, S. M. The effects of competition and the presence of an audience on weightlifting performance. Turn off strength and conditioning research 17 (2):303-306. Triplett N. (1898). The dynamogenic factors in pacemaking and competition. The American Journal of Psychology 9(4):507–533. doi: 10.2307/1412188.


Psychologe, M.Sc. / Sportpsychologe / staatl. geprüfter Physiotherapeut
Christian ist unser Mann fürs Köpfchen - seine Beiträge beschäftigen sich mit dem Zusammenspiel aus Körper und Geist. Er ist nicht nur Psychologe sondern auch begeisterter Triathlet und weiß aus erster Hand: Sportler ticken anders. Durch seine Kombination aus Sport und Psychologie kann er nachvollziehen, welche Gefühle mit Sieg und Niederlage einhergehen, wie Druck von außen aber auch innen wächst, aber auch wie Begeisterung und Euphorie antreiben und dabei helfen, die eigenen Ziele zu erreichen und über sich selbst hinauszuwachsen.

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