Anja Knapp ist mit 29 Jahren die aktuell älteste deutsche Athletin auf der Kurzdistanz. Dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehört und um einen Platz im Team für die Olympischen Spiele 2020 in Tokyo kämpft, hat sie beim zentralen Leistungstest der DTU bewiesen.
Ab sofort wird Anja auf TIME2TRI regelmäßig vertreten sein.
In ihrem letzten Beitrag konntet ihr bereits einen ersten Eindruck von Anja erhalten - weiter geht es mit dem zweiten Teil: Anja steht uns im Rahmen eines Interviews Rede und Antwort.
TIME2TRI: Nach dem Erfolg im DTU Leistungstest (2. gesamt) sind die Olympischen Spiele sowie die Rennen der WTS in deine Saisonplanung gerückt. Wie sieht dein Fahrplan für die kommende Saison aus?
Anja: Die Planung der ersten Jahreshälfte ist nahezu abgeschlossen. Um meinem Ziel, Starts bei den Rennen der WTS (World Triathlon Series), näher zu kommen, benötige ich noch Punkte, um mich im ITU Ranking nach vorne zu verbessern.
Als ersten Formtest plane ich Mitte Mai einen Einsatz in der französischen Liga, bevor es dann am 2.6 beim Weltcup in Cagliari das erste Mal richtig ernst wird. Zwei Wochen später folgt dann der nächste Weltcup in Antwerpen. Das wirkliche Highlight soll das WTS Rennen in Hamburg werden.
[caption id="attachment_7694" align="alignnone" width="870"]
Anja Knapp - Foto: Privat[/caption]
Die Kurzdistanzrennen sind geprägt von Tempo und Taktik. Wie gehst du mit unvorhersehbaren Situationen um?
Ich versuche immer, ruhig zu bleiben und einen kühlen Kopf zu bewahren. Bisher bin ich zum Glück von einem Platten im Rennen verschont geblieben.
"Das Rennen ist erst nach der Ziellinie vorbei!"
Bei einem Sturz sieht es dann allerdings auch bei mir etwas anders aus. Nach dem Adrenalinkick kommt erstmal das Zittern und eine kurze Schockstarre. Bin ich und auch das Rad noch wettkampftauglich, geht es natürlich weiter. Der Schmerz kommt meist dann erst hinterher.
Die Gruppe zu verpassen ist natürlich sehr ärgerlich - allerdings ist das Rennen erst nach der Ziellinie vorbei.
Rio knapp verpasst - Tokio vor den Augen. Was reizt und motiviert dich an den Olympischen Spielen?
Es ist DAS Sportereignis. Jeder Sportler träumt davon - so auch ich. Die fünf Ringe faszinieren mich schon immer. Einmal in vier Jahren treffen sich die Besten der Besten und küren den Olympiasieger. Dieses Ereignis selbst miterleben und das Rennen mitgestalten zu können, wäre das Größte für mich.
Du lebst, trainierst und arbeitest in deiner bald seit 30 Jahren bekannten Umgebung. Was hält dich an Dettingen an der Erms und in der Region schwäbische Alb?
Dettingen an der Erms hat alles, was ein Sportlerherz begehrt. Schwimmbad und Stadion sind keine 400m von meinem Zuhause entfernt. Und auch zum Radfahren ist es perfekt. Wenn ich eher flach fahren will, so geht's Richtung Neckartal und wenn es bergig werden soll, ist die schwäbische Alb nicht weit entfernt.
[caption id="attachment_7695" align="alignnone" width="870"]
Anja Knapp - Foto: Privat[/caption]
Neben dem Sport sind natürlich meine Familie und Freunde hier zu Hause. Ich bin sehr gerne in der weiten Welt unterwegs, aber Heimat bleibt eben Heimat.
Du bist Triathlonprofi, hast parallel aber auch eine Ausbildung zur Mikrotechnologin abgeschlossen. Wie hast du das alles gestemmt?
Mit der Firma Bosch in Reutlingen habe ich einen sehr toleranten Arbeitgeber, der mich während meiner 3-jährigen Ausbildung zur Mikrotechnologin beispielsweise mit Freistellungen für Trainingslager oder Wettkämpfen toll unterstützt hat.
Nach dem Arbeitstag von 8 Stunden folgten noch mindestens 2 Trainingseinheiten, Hausaufgaben oder lernen für bevorstehende Prüfungen.
"Es allen anderen und mir selbst Recht zu machen war ein Tanz auf Messers Schneide."
Alles unter einen Hut zu bekommen war nicht immer einfach und es gab natürlich auch mal mittelmäßige Zensuren. Auch sportlich gesehen gab es Hochs und Tiefs während dieser Zeit. In meinem Abschlussjahr zog ich mir einen Ermüdungsbruch zu. Die Balance zu finden und es allen in meinem Umfeld - und vor allem mir selbst - recht zu machen war manchmal ein Tanz auf Messers Schneide.
Ich bin froh, diesen Schritt gemacht zu haben, denn damit bin ich für die Zukunft abgesichert und weiß, wie es nach der sportlichen Karriere weitergeht.
Du als Kurzdistanz-Athletin trainierst häufig mit Anja Beranek und Anne Haug - zwei Mittel- und Langdistanz-Profis. Wie funktioniert das?
Das funktioniert sehr gut. Wir drei haben mit Dan Lorang alle denselben Trainier. Wenn wir zusammen im Trainingslager unterwegs sind, stimmt Dan die Pläne auf uns ab. Erstaunlich, dass wir sehr viele Einheiten gemeinsam machen können. Natürlich gibt es aber manchmal Unterschiede in der Länge und Intensität.
[caption id="attachment_7698" align="alignnone" width="870"]
Frauenpower: Anja Knapp, Anne Haug, Anja Beranek - Foto: Privat[/caption]
Was macht Dich morgens so richtig wach?
Ein Schlaf von mindestens 8 Stunden und ich bin bereit für den Tag. Sobald morgens der Wecker klingelt, hüpfe ich direkt aus dem Bett. Ich gehe anschließend nicht zur Kaffeemaschine, sondern zum Wasserkocher denn ich bin Tee-Trinkerin.
Was bringt die Frohnatur Anja Knapp so richtig auf die Palme?
Aus sportlicher Sicht: wenn sich Athleten unfair verhalten.
Privat: chaotische und drängelnde Autofahrer sowie lange Wartezeiten.
Dein Tipp für eine schnelle Regeneration?
Ich bin ein Fan von Wechselduschen. Gerade nach einer harten Laufeinheit ist der Wechsel von kalt zu warm sehr angenehm. Als Getränk greife ich gerne auf Mandelmilch mit Hanfprotein und Zimt zurück
Was aber auf jeden Fall nicht fehlen darf ist mindestens einmal pro Woche eine ordentliche Massage.
Was machst du gerne wenn du nicht trainierst?
All die Dinge, die während der Trainingsphase zu kurz kommen - wie Freunde treffen und einfach mal das Leben genießen.
Wie beschreibt sich Anja Knapp selbst in 6 Worten?
Organsiert, entscheidungskräftig, optimistisch, willensstark, Frohnatur, Teamplayer