Immer wieder beobachte ich Eltern, die ihre Kinder belehren: "Achte hierauf", "Pass auf Schau", "Tu das so", "Und jenes so". Und vor lauter Anweisungen weiß das Kind nicht, auf was es sich als erstes konzentrieren soll. Gelähmt bleibt es stehen und bekommt nicht mal eine Sache gebacken. Und nicht, weil es nicht kann, sondern weil der Auftrag völlig adressatenungeeignet war.
Wie ist das, wenn du deine Schwimmtechnik optimierst? Hast du in der 1. Stunde geschafft, auf eine gleichmäßige, kräftige Fußbewegung bei stabilem, langgestreckten Rumpf, ruhiger, sanfter Atmung mit kraftvollen Armbewegungen und gleichzeitigen positiven Affirmationen im Kopf zu achten? Vermutlich nicht, jedenfalls nicht vollumfänglich und andauernd.
Perfektionismus lähmt
Es ist ein gesellschaftlicher Irrtum zu glauben, dass Perfektionisten zielstrebiger und erfolgreicher seien als Andere. Wie eingangs aufgezeigt kann Perfektionismus lähmen, wenn nämlich nicht zwingend die 100%ige Erfüllung aller notwendigen Faktoren zum gewünschten Ziel führen, sondern die Fokussierung auf ein paar wesentliche Faktoren ausreichen würde, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Perfektionisten geben sich leider selten mit 100% zufrieden, es müssen 1.000% sein. Mathematik???? Wie wirkt der Satz: Ich will 1.000% erreichen im Gegensatz zu Ich bin dankbar und happy für knallige 90%.
"Alles über 100% stresst."
Alles über 100% stresst, schnürt die Kehle zu und verengt das Blickfeld. Die Folge sind Tunnelblick und Überanstrengung. Ganz zu schweigen von der ungesunden und unbeliebten Wirkung nach außen. Mit wachsendem inneren Druck, alles auf Anhieb korrekt machen zu wollen, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit gering und das Frustrationspotential hoch. Schließlich möchte man gut sein und seine und die Erwartungen des Trainers erfüllen.
Am Rande bemerkt: Ein guter Trainer zeichnet sich dadurch aus, dass er machbare Ziele setzt und das Frustrationspotential bewusst gering hält. Schließlich machen wir uns den meisten Stress selbst.
Mut zur Lücke
Wettkampfsportler sind ergebnisorientiert. Da zählt Leistung. Unsere Gesellschaft ist leistungsorientiert. Leistung verspricht Anerkennung, Erfolg (in welcher Form auch immer) und Glück. Dank modernster Technologien sind Bewegungsabläufe im Triathlon bestens wissenschaftlich untersucht und ausgetüftelt, um mittels Schwimm-, Lauf- und Radtechniken die bestmögliche Leistung sicherzustellen. Alles, was man braucht, ist: Technik. Es gibt nur eine Technik. Die gilt für alle. Und die muss zu 100% sitzen. Wirklich?
"Öfter mal innehalten und bewusst nach den kleinen Erfolgen im Alltag suchen."
Für die persönliche Entwicklung ist es gut, Mängel oder Defizite schnell erkennen zu können. Daher: öfter mal innehalten und bewusst nach den kleinen Alltagserfolgen suchen.
Es sind die kleinen Veränderungen, die Großes bewirken
Ohne Perfektionismus, weniger Stress, weniger Frust, dafür mehr Lust, Freude, Motivation und Leistung. Warum? Ein Perfektion geht hart ins Gericht mit sich selbst, lässt kaum ein gutes Haar an sich und sucht stets nach Lücken, Defiziten und Fehlern. Er vergeudet wertvolle Energie in Selbstkritik, die ihn zermürbt und im schlimmsten Fall hoffnungslos macht. Ein gesundes Ich steht zu seinen Defiziten und Fehlern, analysiert diese und investiert seine Energie ins Wachstum. Selbstwertschätzung und Selbstliebe dienen dabei als Dünger. Sie begünstigen die Potentialentfaltung positiv.
Und wie schafft man das konkret?
Alles ist Entscheidung. Wie du bist, ist deine Entscheidung. So ist es auch deine Entscheidung, wie du mit dir sprichst, wie du mit dir umgehst, was du von dir erwartest und wem du die Verantwortung für dein Leben gibst. Hör auf, gegen dich anzukämpfen. Kooperiere mit dir, sei dein Sparringspartner, sei dein Coach und dein bester Fan bedingungslos.
"Wie du bist, ist deine Entscheidung. Wie du fühlst, ist deine Entscheidung. Wie du denkst, ist deine Entscheidung."